Aktuell


Aktuelle Entscheidungen zum Versicherungsrecht

 

Haftung des Versicherungsmaklers

Der Versicherungsmakler wird in der Regel vom VN beauftragt und ist dessen Interessen-oder Abschlussvertreter. die Pflichten des Versicherungsmaklers sind in § 61 Abs.1. VVG geregelt. Soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder in der Person des VN und dessen Situation hierfür Anlass besteht, hat der Versicherungsmakler (wie im übrigen auch der Agent als Vertreter des Versicherers) den VN umfassend zu beraten und hierbei dessen Wünsche und Bedürfnisse zu erfragen. Die Beratung ist zu dokumentieren

Der Makler hatte den VN, der eine steuerbegünstigte Kapitallebensversicherung unterhielt dahin beraten, diese zu kündigen und stattdessen eine formgebundene Basis Rentenversicherung bei einem anderen Versicherer abzuschliessen.

Gesprächsdokumentationen konnte der Makler lediglich für zwei von insgesamt drei stattgefundenen Besprechungen vorlegen.

Der VN nahm den Makler (und ebenso den neuen Versicherer) auf Schadenersatz in Anspruch mit dem Ziel, so gestellt zu werden, als hätte er seine ursprüngliche LV nicht gekündigt und die neue Basisrentenversicherung nicht abgeschlossen.

Zunächst wäre der VN für die Verletzung der Aufklärung minus oder Beratungspflicht beweispflichtig. Da der VN hier allerdings eine negative Tatsache nachzuweisen hätte, war zunächst seinem Prozessgegner einzuräumen, die behauptete Fehlberatung substantiiert zu bestreiten und insbesondere konkret darzulegen, wie er den VN beraten und aufgeklärt hat. Der dann folgende Nachweis, dass diese Gegendarstellung nicht zutrifft, war vom VN zu führen.

Bezogen auf den konkreten Sachverhalt hatte es der Makler unterlassen, dem VN die Nachteile der Kündigung der auf lange Zeit angelegten Kapital Lebensversicherung, die Wahlmöglichkeit zwischen einer Basisrentenversicherung mit Todesfall-Leistung und ohne und insbesondere die Folgen im Todesfall aufzuklären.

Für den Makler nachteilig war letztlich auch die Umkehr der Beweislast, da dieser über das entscheidende letzte Beratungsgespräch zwischen den Parteien eine Dokumentation nicht vorlegen konnte (OLG Saarbrücken v. 4.5.2011, 5 U 502/10, VersR 2011, 1441).

Üblicherweise nimmt der Versicherungsmakler die Interessen des Versicherungsnehmers und nicht jene des Versicherers war. Allerdings muss sich der Versicherer dann das Verhalten und die Erklärungen des rechtlich selbstständigen Vermittlers und auch das von diesem gegebenenfalls eingesetzter unter Vermittler zurechnen lassen, wenn eine Lebensversicherung ausschließlich über diese Vermittler vertrieben wird.

Hiervon kann auch dann ausgegangen werden, wenn der Makler und der Versicherer einem Anlageinteressenten und künftigem Versicherungsnehmer bereits im Antragsformular zusammen mit einem gemeinsamen Produkt gegenübertreten (BGH, Hinweis Beschluss vom 26.9.2012-IV ZR 71/11, r+s 2013,117).

Der BGH hat hier ausschließlich auf den Pflichtenkreis des Versicherung Vermittlers im Einzelfall abgestellt. Hiernach war der Makler unbeschadet seiner selbstständigen Tätigkeit als Hilfsperson des Versicherers anzusehen. Der Versicherer selbst bediente sich des an sich rechtlich selbstständigen Vermittlers unter Verzicht auf ein eigenes Vertriebssystem und muss sich daher dessen Erklärungen zurechnen lassen.

 

Wohngebäudeversicherung

Der VN einer Wohngebäudeversicherung zum gleichen Neuwert kann die Neuwertspanne auch dann verlangen, wenn die tatsächlichen Aufwendungen für die Wiederherstellung des versicherten Gebäudes günstiger waren als der Neuwert(BGH, Urt.v. 20.7.2011,VersR 2011, 1180).

 

Unfallversicherung

Versicherer treten für Gesundheitsschäden nicht ein, die nach einer unfallbedingten Gesundheitsschädigung durch psychische Fehlverarbeitung entstehen ( beispielsweise Tinnitus). Grundlage hierfür ist ein in den Versicherungsbedingungen geregelter Ausschlusstatbestand (5.2.6 war B2 1008).

Dieser Leistungsausschluss „ psychische Reaktionen “ soll nicht für organische Schädigungen gelten, die ihrerseits zu einem psychischen Leiden führen, auch wenn im Einzelfall das Ausmaß, in dem sich die organische Ursache auswirkt, von der psychischen Verarbeitung durch den VN abhängig ist (OLG Hamm, Urteil vom 8.3.2011-20 U 96/10,r+s 2013, 88).

Im konkreten Fall wurde der Versicherer wegen einer durch die Geschädigte erlittenen posttraumatischen Belastungsstörung in Anspruch genommen, die sich in der Angst vor dem Fahren mittels Auto und Bus äußere. die erhobene Klage blieb erfolglos, da es sich bei dieser Belastungsstörung um eine psychische Reaktion handele, die auf den Unfall als belastendes Ereignis folge. Solche Einwirkungen von außen (Schock, Schreck, Angst usw.), wie im übrigen auch eine mögliche unfallbedingte Fehlverarbeitung, sind keine Folge einer unfallbedingten Schädigung und fallen daher unter den vereinbarten Risikoausschluss.

 

Kraftfahrzeugversicherung

Kaskoversicherung/Diebstahl PKW:

Der Inhaber einer Kaskoversicherung verliert dann seinen Versicherungsschutz, wenn er nach einem von ihm behaupteten Diebstahl seines PKW gegenüber dem Kaskoversicherer wesentliche Vorschäden an dem Pkw in der Schadenanzeige verschwiegen hat.

Der Versicherer wird aus diesem Grunde wegen vorsätzlicher und arglistiger Verletzung der vertraglichen Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers im Schadenfall leistungsfrei (hier E.1.3 AKB 2008). Die vorliegende Bestimmung orientiert sich an § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG. Der VN verliert hiernach seinen Versicherungsschutz, wenn er eine von ihm zu erfüllende vertragliche Obliegenheit vorsätzlich verletzt. Erfolgte dies, wie vorliegend, arglistig, kommt es auf die ansonsten nach § 28 Abs.3 VVG zu prüfende Ursächlichkeit der Obliegenheitsverletzung für den Versicherungsfall nicht mehr an.

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Verletzung der Aufklärungsobliegenheit:

Nach den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB 2008) verletzt der VN seine Aufklärungsobliegenheit dann, wenn er nach Eintritt des Versicherungsfalles den Versicherer zu den Umständen des Schadensereignisses nicht wahrheitsgemäß und vollständig informiert und insbesondere den Unfallort verlässt, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen (AKB 2008 E 1.3).

Nach BGH -IV ZR 97/11 ( Urteil vom 21.11.2012, r+s 2013,61) hätte der VN, der sich nach einem Verkehrsunfall unerlaubt vom Unfallort entfernt hat, seiner Aufklärungsobliegenheit allerdings dann ausreichend Folge geleistet, wenn er seinen Versicherer zu einem Zeitpunkt informiert, der in den zeitlichen Rahmen des § 142 Abs. 2 StGB fällt. Die genannte Regelung sanktioniert das unerlaubte Entfernen vom Unfallort dann, wenn ein Unfallbeteiligter sich nach Ablauf der Wartefrist berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt hat und Feststellungen zu seiner Person, seinem Fahrzeug, seiner Beteiligung nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht. Gerade dies allerdings müsste der VN leisten, wenn er den Versicherungsschutz behalten will.

 

Versicherungsprozess

Privatgutachten, Erstattungsfähigkeit der Kosten:

Gemäß § 91 Abs.1 Satz 1 ZPO sind durch die unterlegene Partei jene Kosten der obsiegenden Partei zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

Mit Beschluss vom 20.12.2011 (- VI – ZB 17/11 – , r+s 2013,103) hat der BGH auf die in der obergerichtlichen Rechtsprechung bislang divergierenden Auffassungen reagiert.

Ob die Kosten eines Privatgutachtens durch den unterlegenen Gegner zu erstatten sind soll sich daran ausrichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die diese Kosten auslösende Maßnahme ex ante, mithin aus der seinerzeitigen Sicht, für sachdienlich ansehen konnte. Für die Beurteilung der Notwendigkeit ist also auf jenen Zeitpunkt abzustellen, zu dem das Gutachten beauftragt wurde. Unerheblich ist, ob das Gutachten die Entscheidungsfindung des Gerichts tatsächlich beeinflusst hat (ex post-Sicht).

Die vorliegende Entscheidung stärkt die prozessuale Position des Versicherungsnehmers, der infolge fehlender Sachkenntnis ohne Einholung eines Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage ist oder der gegebenenfalls ein für ihn nachteiliges Gerichtssachverständigengutachten nicht zu erschüttern vermag.

 

(erstellt am 02.04.2013, RA Dr. Bolz)





Grobe Fahrlässigkeit bei der Herbeiführung des Versicherungsfalles:

Für den Versicherungsnehmer nicht lediglich enttäuschend sondern in einer Vielzahl von Fällen existenziell bedrohlich ist die Mitteilung eines Versicherers, wonach dieser eine Regulierung abgelehnt, da der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt habe (§ 81 VVG).

Nur geringfügig erfreulicher allerdings kann jene Mitteilung sein, mit der sich der Versicherer nicht auf Vorsatz sondern auf grobe Fahrlässigkeit stützt.

Gemäß § 81 Abs. 2 VVG nämlich ist der Versicherer bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den VN berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des VN entsprechenden Verhältnis zu kürzen.

Grob fahrlässig i.S.d. § 81 Abs.2 VVG handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer Acht lässt und nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen des konkreten Einzelfalls jedem einleuchten müsste (BGH VersR 1989, 2833 f.).

Häufig unbeachtet bleibt bei der rechtlichen Bewertung der groben Fahrlässigkeit durch Erstgerichte, dass auch in subjektiver Hinsicht unter Berücksichtigung der personalen Seite der Verantwortlichkeit eine schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung fest- gestellt werden muss (BGH VersR 1984, 480).
Gerade über die erforderliche Prüfung der subjektiven Komponente der groben Fahrlässigkeit können sich bei Feststellung eines Augenblicksversagens und gegebenenfalls vorliegender weiterer entlastende Umstände Möglichkeiten ergeben, die objektive Komponente der groben Fahrlässigkeit auszuhebeln.

Das so genannte Augenblicksversagen soll die Abgrenzung zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit nachvollziehbar machen. Dessen typischer Fall soll in dem Vergessen eines von verschiedenen Handgriffen in einem zur Routine gewordenen Handlungsablauf bestehen, das auch einem üblicherweise mit seinem Eigentum sorgfältig umgehenden VN passieren kann( BGH VersR 1989,582).
Es verwirklicht sich häufig im Straßenverkehr, insbesondere bei Rotlichtverstößen bei schwer überblickbarer Kreuzung und Ortsunkundigkeit ( OLG Köln r+s 1991, 82) und rechtfertigt in der Regel nicht den Vorwurf unentschuldbaren Fehlverhaltens( Hierzu BGH
VersR 2003,364: Ablenkung beim Halt an der Kreuzung; OLG Koblenz r+s 2004,55: Anfahren nach Halt an der Ampel auf ein Signal eines anderen Fahrzeuges hin; OLG Rostock r+s 2004,58: hektische Reaktion eines vom Stadtverkehr psychisch überforderten Dorfbewohners).

Die nach § 81 Abs. 2 VVG vorgesehene Quotierung, die die vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers nach dem VVG a.F. abgelöst hat, kann allerdings in Ausnahmefällen dazu führen, dass der Versicherer die Leistung auch vollständig versagen darf.
Zur Kürzung auf Null soll der Versicherer beispielsweise bei absoluter Fahruntüchtigkeit des VN berechtigt sein, wobei es allerdings der Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls bedarf (BGH Urteil vom 22. 2611, IV ZR 225/10; VersR 2011,1037). Der VN einer Kfz-Vollkasko Versicherung hatte das versicherte Fahrzeug grob fahrlässig im Zustand der durch Alkoholgenuss herbeigeführten absoluten Fahruntüchtigkeit beschädigt.

Von erheblicher Bedeutung für den Umfang der Leistungsverpflichtung des Versicherers ist die Unterscheidung zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit in der Schadensversicherung schlechthin.
Für die Annahme grober Fahrlässigkeit stehen die nachfolgenden Entscheidungen:

Ein VN verursacht den Versicherungsfall, konkret einen Brand, grob fahrlässig, wenn er im Erdgeschoss seines Hauses einen oder zwei Feuerwerkskörper gezündet und sie zum vertreiben meiner Katze in den Kellerraum wirft, obwohl ihm bekannt war, dass dort leicht brennbare Gegenstände lagerten. Da der VN in der Folge den betroffenen Räumlichkeiten keine Aufmerksamkeit schenkte, obwohl sich ihm die Gefahr einer Brandentzündung hätte aufdrängen müssen, sah das Gericht die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Leistungskürzung auf null als erfüllt an (OLG Naumburg, Urteil vom 28.3.2011, NJW-RR
20 11,901).
Es ist grob fahrlässig, während eines Gesprächs am Flughafenschalter den Wagen, auf dem sich das Reisegepäck, unter anderem eine Kameratasche mit wertvollem Inhalt, befindet, nicht ständig im Blick zu haben.
Der Regelfall der Kürzung bei der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls setzt einen Ausgangspunkt bei 50 %. Die Kürzung sollen Zehntelschritten erfolgen. Eine Kürzung von 4/10 ist dann angemessen, wenn einerseits weder Körper-noch Blickkontakt zu Tasche und Kameratasche bestand, der Zeitraum allerdings 1 Minute nicht überschritten hat (LG Hannover, VersR 2011,112).
Eine in objektiver und auch in subjektiver Hinsicht grobe Fahrlässigkeit bei der Herbeiführung des Versicherungsfalles liegt beispielsweise auch dann vor, wenn der VN den Vorgang des Erhitzens von Fett in einem Topf auf dem Cerankochfeld seiner Herdplatte unbeaufsichtigt lässt, um nach Verlassen der Wohnung und des Hauses anderen Verrichtungen nachzugehen. In dem entschiedenen Fall kam es zu einem Brand und einen hierdurch verursachten Gebäudeschaden von 10.944,73 €. Der Versicherer war gemäß § 81 VVG berechtigt, seine Leistung um jedenfalls 50 % zu kürzen, da der vor dem Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat. Das Erhitzen von Feld gehört wegen dessen Entflammbarkeit zu den besonders gefährlichen Tätigkeiten im Haushalt. Wird dieser Vorgang unbeobachtet und ohne Kontrolle-und Zugriffsmöglichkeit gelassen, liegt in objektiver Hinsicht eine derart gravierende Pflichtverletzung vor, dass von einem besonders schweren Pflichtverstoß gesprochen werden kann. Auch in subjektiver Hinsicht hat der VN in nicht entschuldbarer Art und Weise gehandelt, da er das Haus verlassen und dass sich erhitzende Feld ohne Zugriffsmöglichkeit gelassen hat (LG Dortmund, 20.10.2011,
2 O 101/119.

Grobe Fahrlässigkeit bei der Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit:

Von der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den VN, für die der Versicherer die Darlegung-und Beweislast trägt, ist die grob fahrlässige Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zu unterscheiden.
Bestimmt nämlich der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom VN zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, führt die vorsätzliche Obliegenheitsverletzung zur Leistungsfreiheit (§28 Abs. 2 S.1 VVG). Eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung durch den VN hingegen berechtigt den Versicherer zur Leistungskürzung nach Quote, deren Höhe sich wiederum nach der Schwere des Verschuldens richtet (§ 28 Abs. 2 S.2 VVG).

Die Auswirkungen grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzungen können Sie beispielhaft den nachfolgenden Entscheidungen entnehmen:

Kommt es in einer Lagerhalle in unmittelbarer Folge eines frostbedingten Leitungswasserschadens aufgrund ungenügender Heizung (lediglich Betrieb eines Heizlüfters) zu einem neuerlichen Leitungswasserschaden, ist der Versicherer zu Kürzung seiner Leistung um 50 % berechtigt (OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.12.2010, 5 U 147/10, zfs 2011,221). Der Versicherer hatte hier den ersten Leitungswasserschaden wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles zu lediglich 70 % reguliert.
Dem VN hätte sich spätestens nach dem Erstschaden aufdrängen müssen, dass nunmehr auch die Rohre in dem lediglich durch einen Wandheizlüfter beheizten Raum einer zusätzlichen Sicherung bedurft hätten (insoweit auch OLG Köln, VersR 2008, 1392; OLG Hamm ,VersR 1989, 1083). Das Gericht hat insbesondere auch darauf verwiesen, dass hier die Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit nach § 28 VVG und die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles nebeneinander anwendbar sind.
In einem ähnlichen Verfahren hatte der VN eingewandt, auf anderem Wege für eine Regulierung der Temperatur und die Kontrolle der Heizung Sorge getragen zu haben. Durch das OLG Hamm wurde insoweit auch eingeräumt, dass jener VN nur gering oder überhaupt nicht schuldhaft handelt, der statt der in Versicherungsbedingungen vorgeschriebenen eine alternative Sicherheitsmaßnahme wählt, von der er den Umständen nach annehmen darf, dass sie zur Vorbeugung der Risikoverwirklichung besser oder zumindest gleich gut geeignet ist als die vom Versicherer verlangte Maßnahme (insoweit auch BGH VersR 1995,956f.) Im vorliegenden Verfahren allerdings konnte der VN mit seinem Vortrag nicht durchdringen, da die von ihm bezeichneten Sicherungsmaßnahmen nicht als gleichwertig angesehen werden konnten ( OLG Hamm, 23.9.1998, 20 U 25/98).

Altverträge und Obliegenheiten

Altverträge regeln Versicherungsverhältnisse, die bis zum Inkrafttreten des neuen VVG am 1.1.2008 entstanden sind ( Art. 1Abs. 1 EGVVG). Der Versicherer wurde durch Art. 1 Abs. 3 EG VVG berechtigt, seine Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Altverträge mit Wirkung zum 1.1.2009 zu ändern, soweit diese von den Vorschriften des VVG 2008 abweichenden.
Kann der Versicherer nicht beweisen, dass er seine Bedingungen und insbesondere die darin enthaltenen Obliegenheiten an das Quotierungsmodell des § 28 Abs. 2 VVG angepasst hat, ist die Obliegenheit insgesamt unwirksam (BGH, Urteil vom 12.10.2011, VersR 2011, 1550f.).
Die Ursache eines Leitungswasserschadens bestand hier darin, dass der VN in einem leer stehenden unbeheizten Haus Wasser führende Leitungen nicht entleert hat, obwohl er nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen zur regelmäßigen Kontrolle des Gebäudes und insbesondere zur Entleerung Wasser führender Anlagen verpflichtet war. Der Versicherer konnte hier trotz grob fahrlässiger Verletzung der vertraglich vereinbarten Obliegenheit seine Leistungskürzungen gemäß § 28 Abs. 2 VVG nicht ausüben. Gleichwohl ist dem Versicherer nicht versagt, sich auf die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles zu berufen (§ 81 Abs. 2 VVG, siehe vorstehend).

Hinweis für Inhaber von Altpolicen: prüfen Sie bei Anzeige eines Versicherungsfalles gegenüber Ihrem Versicherer stets, welche konkreten Versicherungsbedingungen vereinbart sind und insbesondere, ob der Versicherer die Bedingungen mit Wirkung zum 1.1.2009 an das neue VVG angepasst hat!

Allgemeines:

Wohngebäudeversicherung:

Den Gebäudeversicherer trifft bei Abschluss einer Wohngebäudeversicherung eine gesteigerte Hinweis und Beratungspflicht im Hinblick auf die Bestimmung des Versicherungswertes 1914, wenn er die Bestimmung des Versicherungswertes dem VN überlässt und Bedingungen verwendet, nach denen die Feststellung des richtigen Versicherungswertes selbst durch einen Fachmann nur mit Mühe getroffen werden kann (BGH IV ZR 171/09,VersR 2011, 622). Verletzt der Versicherer seine Aufklärungspflicht ist er wegen Verschuldens beim Vertragsabschluss zum Schadenersatz verpflichtet.

In einer Entscheidung vom 27. 2612 (BGH-ZR 212/10,VersR 2012, 1253) hatte sich der BGH mit dem nach einer Heizungsleckage aufgetretenen Befall mit dem braunen Kellerschwamm zu befassen. Die Versicherungsbedingungen der Wohngebäudever-
sicherung des VN schlossen den Versicherungsschutz gegen Leitungswasser bei Schäden durch Schwamm aus. Die Klausel führt bei gebotener uneingeschränkter Auslegung nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des VN gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB. Der Versicherer ist nicht gehindert, einzelne, besonders schwer kalkulierbare Schäden vom Versicherungsschutz auszunehmen und zum Gegenstand eines eigenständigen Versicherungsproduktes zu machen. Unter der Bezeichnung „Schwamm“
sind alle holzzerstörerischen Pilze erfasst. Dieser Risikoausschluss erschließt sich auch der Verständnismöglichkeit des durchschnittlichen VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse.

Die Änderung der gewerblichen Nutzung von Räumlichkeiten zur Nutzung als Bordell stellt sich im Falle einer bestehenden Gewerbe-Gebäudeversicherung wegen des damit einhergehenden kriminellen Milieus als anzeigepflichtige Gefahrerhöhung dar. Der Beginn der Gefahrerhöhung ist dabei nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 20.6.2012, IV ZR 150/11).

Haftpflichtversicherung:

Die so genannte Sozienklausel in Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungs-bedingungen, die als Sozien jene Berufsangehörigen erfasst, die ihren Beruf nach außen hin gemeinschaftlich ausüben, soll bei bloßen Kooperationen keine Anwendung finden. Die Annahme der Sozietät erfordert nach den Bedingungen die gemeinschaftliche Berufsausübung nach außen und nicht lediglich eine Kooperation im Rechtsverkehr, die lediglich auf eine wirtschaftliche Zusammenarbeit ohne konkrete gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen angelegt ist (BGH IV ZR 168/0 9,VersR 2011, 10031).

Unfallversicherung:

Beim Tod durch Ertrinken handelt es sich stets um einen bedingungsgemäßen Versicherungsfall, ohne dass es auf dessen Ursachen ankommt. Für das Unfallereignis selbst, d.h. das Ertrinken (i.d.R. durch Eindringen von Wasser in den Kehlkopf) trägt der Anspruchsberechtigte die Darlegung-und Beweislast. Ausschlusstatbestände (Ertrinken durch eine Geistes-oder Bewusstseinsstörung) hat der Versicherer zu beweisen (BGH,
Beschluss vom 18.1.2012, IV ZR 116/11, VersR 2012, 849).

Rechtsschutzversicherung:

Nach § 5 Abs.3 lit. B ARB ist der Versicherer zur Kostenübernahme für einen Vergleich nicht verpflichtet, wenn dieser nicht dem Verhältnis des vom VN erstrebten zum erzielten Ergebnis entspricht. Dies gilt ebenso für außergerichtliche Vergleiche. Die benannte Klausel soll verhindern, dass der VN bei Vergleichsverhandlungen Zugeständnisse im Hinblick auf die Kosten zulasten des Rechtsschutzversicherers macht, um Zugeständnisse der Gegenseite in der Hauptsache zu erlangen (BGH IV ZR 59/09, VersR,2011, 1005).

(erstellt am 19.1.2013, RA Dr. Bolz)





Alljährlich, wenn die Geburt Jesu´ und das baldige Krippenspiel unsere Gedanken zunehmend bestimmen, können Frost, Schnee und Eis dieser Vorfreude ein jähes Ende bereiten.
Ausreichende Vorkenntnisse helfen bei der Vermeidung von Schäden und sichern ungebrochenen Appetit auf die Weihnachtsgans:

Entsteht ein Sachschaden an einem PKW durch den Abgang einer Schneelawine von einem Hausdach, stehen dem Geschädigten gegen den Grundstückseigentümer wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten, also wegen der unterlassenen Anbringung von Schneefanggittern oder vergleichbaren Schutzeinrichtungen, nur sehr selten durchsetzungsfähige Ansprüche zur Seite.
Üblicherweise ist es bei Ausnahmewitterungslagen Pflicht eines Jeden, sich darauf einzustellen, und selbst darauf zu achten, dass sein Eigentum nicht zu Schaden kommt
(OLG Jena, 20.12.2006, 4 U 865/05).
Dem Fahrzeugeigentümer würde auch der Hinweis darauf nicht helfen, dass der Hauseigentümer ein Warnschild nicht aufgestellt hat, da ihn dieses lediglich auf eine Gefahr hinweisen würde, die ihm ohnehin selbst hätte bekannt sein müssen (OLG Sachsen-Anhalt, 11.08.2011, 2 U 34/11).
Etwas anderes könnte dann gelten, wenn der Hauseigentümer zu einer solchen Anbringung verpflichtet, wie dies allerdings in Thüringer Kommunen im Allgemeinen nicht der Fall ist (Erfurt, Weimar, Jena), oder die Anbringung von Schneefanggittern ortsüblich wäre.
Ein durch eine Schneelawine entstandener Sachschaden ist in der Regel nicht durch die Teilkaskoversicherung gedeckt, da über den versicherten Glasbruchschaden hinaus kein in den AKB genanntes versichertes Ereignis vorliegt (LG Köln, 14.12.2011, 20 O 113/11).

  • Vorbeugung hilft auch bei Frostschäden innerhalb von Gebäuden. Nach den Bedingungen zur Wohngebäudeversicherung (VGB) hat der Versicherungsnehmer (VN) in der kalten Jahreszeit alle Gebäude und Gebäudeteile zu beheizen und dies genügend häufig zu kontrollieren.
    Missachtet der VN diese Obliegenheit, kann ihm Versicherungsschutz wegen Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit dann versagt werden, wenn die Verletzung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht.
    Im Falle einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des VN entsprechenden Verhältnis zu kürzen.
    Versicherungsschutz kann der VN gleichwohl dann erlangen, wenn der Versicherer von der Möglichkeit der Vertragsanpassung gem. Art. 1 Abs. 3 EGVVG keinen Gebrauch gemacht hat, dies bei Altverträgen, die bis zum 31.12.2007 abgeschlossen wurden.
  • Solches gilt auch für die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls durch brennende Kerzen im Weihnachtsbaum. Wer in Zeiten umfangreicher technischer Alternativangebote aus kulturhistorischen Gründen gleichwohl auf die traditionelle Wachskerze zurückgreift, ist wegen der hieraus erwachsenden deutlich erhöhten Brandgefahr verpflichtet, das Abbrennen der Kerzen am Nadelbaum durchgehend zu beaufsichtigen (LG Oldenburg, 08.07.2011, 13 O 3296/10).

Schadenfreie Festtage wünscht Ihnen

Rechtsanwalt Dr. Dieter Bolz

Erstellt am 18.12.2012